Wandel ermöglicht Fortschritt: Agiles Arbeiten beim weltgrößten Ziegelproduzenten Wienerberger
Bei der Wienerberger Gruppe sind diverse, weltweit verteilte Produktionsstätten an ein SAP-System angeschlossen. Im Customer-Relationship-Management (CRM) gab es den Wunsch nach weiteren Funktionalitäten und Anpassungen, die an das zentrale SAP CRM IT-Team weitergeleitet werden sollten. Zusätzlich zu dieser großen Zahl an Featurewünschen wollte Wienerberger das CRM-Modul für alle Länder standardisieren, um Updates und Wartungsarbeiten effektiver durchführen zu können. Diese Strategie hatte eine hohe Zahl an Rollout-Projekten für die einzelnen Ländergesellschaften zur Folge.
Im Jahr 2019 startete dann das österreichische IT-Entwicklungsteam – unter anderem durch die Einführung von Jira Software – erstmalig die Arbeit mit agilen Methoden. Es galt, eine klare Definition der Anforderungen zu schaffen, die Business Values eben dieser festzulegen, eine Priorisierung sowie eine Transparenz der Anforderungen für alle Stakeholder zu generieren und eine Verbesserung der Qualität der Entwicklungen zu schaffen.
Herausforderung: Unterstützung der agilen Methoden
Das Team hatte Scrum als Vorgehensmodell mit dem Ziel ausgewählt, zunächst die internen Entwicklungsprozesse auf dieser neuen Methode abzubilden. Da man im Team über keinen eigenen erfahrenen Scrum Master verfügte, wuchs nach einigen Sprints der Wunsch nach Begleitung durch einen Coach, der dem Team bei den Stolpersteinen und Herausforderungen, die es zu meistern galt, zur Seite steht.
Eine der Herausforderung, die durch das agile Vorgehensmodell angegangen werden sollte, lag in der effizienten Priorisierung aller anstehenden Aufgaben. Transparentere Entscheidungswege für alle Beteiligten sowie die Stabilisierung der Entwicklungsarbeiten und das Reduzieren der Störungen waren weitere Anforderungen.
Schritt-für Schritt: Coaching, Prozessanalyse, Implementierung und Rollout
Schritt 1: Coaching
In einer ersten Phase begleitete ein agiler Coach von catworkx das Entwicklungsteam durch die Teilnahme an Scrum-Events und dem Ansprechen von bestimmten Beobachtungen. Schnell verlagerte sich der Beratungsschwerpunkt während dieser Zeit auf das Backlog-Management und die Priorisierung von Aufgaben, noch bevor sie dem Entwicklungs-Backlog hinzugefügt wurden. Insbesondere die Zusammenarbeit des Business Owners mit dem Entwicklungsteam sollte hierbei genauer analysiert werden.
Schritt 2: Prozessanalyse und Unterteilung in Phasen
Um Verbesserungspotenziale identifizieren zu können, wurden im ersten Schritt Randbedingungen in einem Prozessworkshop visuell erarbeitet. Im Workshop vertreten waren der Business und Product Owner, ein Scrum Master und das Management. Darauf aufbauend wurde der Prozess in verschiedene Phasen unterteilt und Anpassungen an der toolseitigen Unterstützung in Jira und Confluence besprochen.
Der Gesamtprozess wurde in folgende Phasen eingeteilt: Business und Technisches Refinement, Entwicklung sowie Test und Deployment. Insbesondere die Schaffung von getrennten Backlogs für das Refinement stellte ein Schritt zu mehr Effizienz dar. Das Ergebnis: Das Business Refinement dient jetzt der frühzeitigen Beurteilung neuer Themen durch die Business Owner. Dabei geht es vor allem um die Vor-Qualifizierung von Nutzen und Aufwand. Stories können hier abgelehnt werden, sollte sich abzeichnen, dass sie als „zu teuer“ oder „zu unwichtig“ beurteilt werden könnten. Alle nicht abgelehnten anderen Stories gehen weiter an das Entwicklungsteam, zum „technischen Refinement“ und später in die Entwicklung.
Schritt 3: Implementierung
Im Rahmen der Prozessanpassungen wurden klare Phasen für Business und Product Owner sowie für das Entwicklungsteam definiert. Für das Management der Aufgaben werden nun Jira Kanban- und Scrum Boards von den verantwortlichen Teams eingesetzt.
Die Transparenz der Priorisierung wurde mit dem Einführen der WSJF-Methode („Weighted Shortest Job First“) geschaffen. Damit schätzen Business Owner Änderungswünsche hinsichtlich „Business Value“, „Time Criticality“, „Risk Reduction“ ab und setzen es ins Verhältnis zur „Job Size“. Der so ermittelte Wert stellt eine wertvolle Hilfestellung bei der Priorisierung dar und gibt dem Product Owner und dem Entwicklungsteam mehr Verständnis über den Grund der gewählten Priorität.
Unterstützt wird der Prozess in Jira durch eine Dokumentation in Confluence. Inhaltliche Details, Besprechungsnotizen zu den Aufgaben und Change Requests sind auf einem Blick im Jira-Vorgang sichtbar und können einfach eingesehen werden.
Schritt 4: Rollout
Die Umsetzung des Prozesses erfolgte zunächst nur für das lokal arbeitende IT-Team. Der internationale Rollout erfolgte dann in zwei Schritten: ein Kernteam aus wenigen Key Usern wurde in dem neuen Prozess und dem Arbeiten mit Jira und Confluence trainiert. Rückmeldungen wurden iterativ in Jira und in der Prozessdefinition aufgenommen und umgesetzt. Erst danach wurde der Prozess auf sämtliche Standorte bei Wienerberger weltweit ausgerollt. Mit vollem Erfolg: Die neue, optimierte und agile Arbeitsweise wurde von allen Mitarbeitern angenommen, weil Transparenz geschaffen wurde. Key User verstehen jetzt besser, wann ihre Change Requests bearbeitet werden und das Entwicklungsteam bekommt jetzt eine klarere Priorisierung seiner Aufgaben. Der Prozess für das SAP CRM-Team wird derzeit auf weitere SAP-Entwicklungsteams ausgerollt. Dabei wird Wienerberger von der catworkx GmbH in Österreich unterstützt.
Fazit
Wandel ermöglicht Fortschritt: Das hat die Wienerberger AG einmal mehr unter Beweis gestellt. Durch Einführung der Scrum-Methode und der transparenteren und effizienteren Prozesse ist die allgemeine Mitarbeiterzufriedenheit erheblich gestiegen. Es ist klar nachvollziehbar, wer zur welcher Zeit, an welchen Aufgaben und Projekten arbeitet. Die Anwendung von Scrum bedeutet außerdem mehr Autonomie für den einzelnen Mitarbeiter und es gibt einfache und klare Regeln, die jeder versteht. Sie bedeutet aber auch eine Entlastung für Mitarbeiter, Teammitglieder können mitentscheiden, sich selber organisieren während sich die Führungsriege über Zeitersparnis und mehr Effektivität freuen kann. Die neue Art der Organisation bedeutet letztendlich auch eine höhere Kundenorientierung, denn Kundenwünsche- und Bedürfnisse können jetzt – durch das Feedback in relativ kurzen Abständen – optimal auf den Ablauf und die Ergebnisse angepasst und umgesetzt werden.
Details im Überblick


„Der agile Prozess hat das Team resilient gemacht. Selbst der Corona Lockdown hat durch die Umstellung auf die agile Arbeitsweise zu keinen Verzögerungen in den Projekten geführt.“